Wie man ein Beteiligungsversprechen formuliert
Unzufriedenheit mit Beteiligungsverfahren existiert regelmäßig, wenn auf die Beteiligungsergebnisse keine Reaktion folgt. Manche Adressat:innen nehmen erst gar nicht an Beteiligungsprojekten teil, weil sie nicht davon überzeugt sind, durch Beteiligung etwas bewirken zu können.
Die lauteste und leider allzu oft berechtigte Kritik, die Beteiligungsverfahren online und offline entgegenschlägt, ist der Vorwurf, es handele sich um Scheinbeteiligung. Man gaukle den Beteiligten vor, sie könnten einflussnehmen, hoffe aber insgeheim, diese abzuspeisen, indem man Beiträge aufnimmt und sie behutsam in eine Schublade verschwinden lässt.
Wenn nur vorgegeben wird, man sei an Beiträgen der Partizipierenden interessiert, obwohl man eigentlich Entscheidungen nicht auf Basis der Beteiligungsergebnisse fällen will, dann hat man es mit Scheinbeteiligung zu tun. Das Ziel von Scheinbeteiligung ist meistens, Widerstände gegen politische Entscheidungen aufzuweichen, ohne sich auf entgegengesetzte Positionen hinbewegen zu müssen. Aber in den wenigsten Beteiligungsprojekten wollen die Initiator:innen nur zum Schein beteiligen. Die Herausforderung besteht eher darin, klar zu kommunizieren, welche Ziele mit der Beteiligung verfolgt und wie Ergebnisse verwertet werden. Sonst können die Erwartungen der Partizipierenden von der tatsächlichen Umsetzung abweichen. Genau das führt zu Unzufriedenheit. Ein (Negativ-)Beispiel:
Toni S. aus Musterstadt möchte sich an einer online Ideensammlung der Stadt beteiligen, zum Thema Lärmorte. Es gibt wenig Infos zu dieser Ideensammlung. Toni S. geht davon aus, dass die Stadt plant an diesen Lärmorten etwas zu ändern. Ein halbes Jahr nach der Ideensammlung hört Toni S. nichts mehr zu den Lärmorten, ist frustriert und enttäuscht und nimmt am nächsten Beteiligungsschritt nicht mehr teil.
Ein Beteiligungsversprechen schafft Klarheit und reduziert unpassende Erwartungen
Wie lässt sich dieser Frustration entgegenwirken? Das Schlüsselwort lautet hier Transparenz, denn: wer im Vorhinein, während und nach der Beteiligung klar kommuniziert, was mit Ergebnissen passiert, schürt keine Erwartungen, die nicht gestillt werden können. Meistens sind (politische) Entscheidungsprozesse komplexer, als sich auf den ersten Blick erschließt. Die wenigsten Entscheidungen werden von einer Stelle im Alleingang gefällt, sondern häufig in längeren vorstrukturierten Abstimmungsprozessen ausgehandelt. Dafür gibt es gute Gründe, die aber Partizipierenden nicht unbedingt vertraut sind. Chancen und Grenzen der Beteiligung sollten deshalb klar dargestellt werden.
Ein veröffentlichtes Beteiligungsversprechen kann Abhilfe leisten. Wenn ich sage, was mit den Ergebnissen passieren wird, kann die Beteiligung daran gemessen werden.
Je konkreter benannt wird, wie Ergebnisse einer Beteiligung verwendet werden, desto eindeutiger lässt sich im Vorhinein einschätzen, ob sich eine Beteiligung lohnt und im Nachgang beurteilen, ob es sich um effektive Beteiligung handelte.
Jenseits dieser Prozesstransparenz erfüllt ein Beteiligungsversprechen zudem noch eine Prüffunktion: Kann ich konkret darlegen, wie die Ergebnisse verwendet werden, so kann ich mir auch sicher sein, dass die Beteiligungsergebnisse tatsächlich verwendet werden können. Schließlich ist Beteiligung kein Selbstzweck.
✔️ Ziel ✔️ Prozess ✔️ Ergebnisverwendung ✔️ Zeitrahmen ✔️ Ansprechpartner:in
Die folgende Check-Liste hilft dabei, in Beteiligungsversprechen Ziele und Ergebnisverwertung transparent und prägnant zu präsentieren:
1) Ziel der Beteiligung: Was soll mit der Beteiligung erreicht werden?
2) Ggf. Einbettung in einen weiteren Prozess: Wie fügt sich die Beteiligung in weitere Vorhaben ein?
3) Eine klare Benennung, wie die Ergebnisse verwendet werden:
- Werden Empfehlungen gesammelt, über die dann ein anderes Gremium diskutiert oder gar abstimmt?
- Werden Entscheidungen in der Beteiligung gefällt? Wenn ja, welche konkret?
- Wenn Empfehlungen lediglich Entscheidungsträger:innen vorgestellt werden, dann sollte das auch benannt werden. Hier hilft es einen konkreten Termin oder eine Sitzung zu benennen.
- Wie wird mit der Fülle von Beiträgen umgegangen, die nicht berücksichtigt werden? Wie wird begründet, weshalb Vorschläge nicht in die engere Auswahl kommen?
4) Ein klarer und einhaltbarer Zeitrahmen hilft. Hier gilt: Lieber vorsichtig vom Sommer schreiben, wenn noch nicht entschieden wurde, ob der geplante Termin im Juni tatsächlich eingehalten werden kann.
5) Eine Ansprechpartner:in mit Namen und Kontaktmöglichkeit kann aufkommende Fragen schnell beantworten.
Diese wenigen, aber grundlegenden Infos genügen schon, Ergebnisverwertung und Verbindlichkeit der Beteiligung darzustellen. Wenn ein solches Versprechen gegenüber den Beteiligten öffentlich gemacht wird, stärkt dies den Beteiligungsprozess, weil klar ist, wer was von wem erwarten kann.
von Max Westbrock
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