Wir vom Liquid Democracy e.V. haben es uns zur Aufgabe gemacht, eine demokratische Kultur auf allen Ebenen unseres Zusammenlebens zu fördern. Das gilt in der Politik ebenso wie für die vielen Entscheidungen, die innerhalb unserer Lebens- und Arbeitswelten getroffen werden.
April 20, 2020
Digitale Beteiligung: 8 Beispiele der Internen Zusammenarbeit bei Liquid Democracy
Die Digitalisierung kann uns dabei wertvolle Dienste leisten. Denn online können Entscheidungsprozesse transparent und potenziell zugänglich für alle gemacht werden. Digitale Tools machen es einfacher, ganz unabhängig von Raum und Zeit unsere Ideen einzubringen, sie zu diskutieren und über sie abzustimmen.
Als Verein haben wir die Open-Source-Software adhocracy entwickelt und arbeiten beständig daran, sie an neue Anforderungen anzupassen. Wir sind so überzeugt von partizipativen Strukturen, dass wir selbst auch intern möglichst viel als Team gemeinschaftlich entscheiden, im Kleinen und im Großen. Wie uns unsere eigene Software dabei unterstützt, das erfahrt ihr im dritten Teil der neuen Reihe des Digital-Magazins D3.
#1: Agendasetting für unser Weekly
Jeden Mittwoch kommen wir von liqd zu unserem Weekly zusammen. Für die Agenda kann jede:r von uns ein eigenes Thema einbringen. Die Einreichung der Tagesordnungspunkte erfolgt online und alle Beiträge sind vorab sichtbar und können vor oder auch nach dem Weekly kommentiert werden. Während des Weeklys werden die Themen in der Reihenfolge der Einreichung besprochen und die Moderation vermerkt mithilfe unserer digitalen „Ampel“, ob der Beitrag umgesetzt, geprüft oder nicht umgesetzt wird. So wird das Agendasetting easy organisiert und ist für alle transparent und nachvollziehbar.
#2: Brainstorming für einen neuen Namen
Neue Ideen finden ist nicht immer leicht und das weiße Blatt Papier bringt nicht in allen von uns eine sprudelnde Quelle der Kreativität hervor. Daher lieben wir das gemeinsame Brainstorming. Denn hier können wir vage Gedanken weiterentwickeln, auf die Ideen der Kolleg:innen aufbauen und gemeinsam zu guten Lösungen kommen.
Manchmal machen wir das analog, manchmal digital und manchmal wird es eine Mischung aus beidem. So zum Beispiel bei der Namensfindung für unsere eigene Partizipationsplattform adhocracy+. Der finale Name entstand in einer Sitzung als Kombination von zwei vorab digital eingereichten Ideen.
#3: Priorisieren von Ideen für die Weiterentwicklung unserer Software
Es gibt Projekte, an denen hängen wir alle. Unsere neue Partizipationsplattform adhocracy+ ist so ein Projekt. Natürlich haben wir für die Koordination der Projekte und der Weiterentwicklungen einen Projektmanager benannt. Aber auch alle anderen Mitarbeiter:innen und auch alle Nutzer:innen sollen ihre Ideen einbringen können.
Die Ideen werden öffentlich online gesammelt und dann intern (ebenfalls digital) von uns gemeinsam priorisiert. Erst dann gehen sie in die Entwicklung. So wird das Projekt gemeinschaftlich getragen und die Möglichkeit der Teilhabe stärkt die Identifikation.
#4: Ideenwettbewerb für unsere Weihnachtsfeier
Alle Jahre wieder…welche Aktion wollen wir an unserer Weihnachtsfeier machen und wo gehen wir danach essen? Mithilfe eines digitalen Ideenwettbewerbs pitchen wir unsere Ideen gegenüber den Kolleg:innen. Dazu werden erst alle Ideen eingereicht und beschrieben. Ergänzende Visualisierungen können helfen, die Kolleg:innen von der eigenen Idee zu überzeugen. Im Anschluss folgt die Bewertung der Ideen. Fun Fact: Wir gehen seit Jahren zum gleichen Chinesen!
#5: schnelle Meinungsabfrage zu unserem Veranstaltungsformat Liquid Tank
Ein Jahr lang haben wir regelmäßig zum Liquid Tank eingeladen, einer neuen Veranstaltungsreihe in unseren Räumen, in wer wir Themen diskutiert und Menschen eingeladen haben, die wir spannend finden. Nach einem Jahr gab es eine Zwischenevaluation. Dazu hat sich die zuständige Arbeitsgruppe für eine Umfrage auf adhocracy+ entschieden. Umfragen haben den Vorteil, dass die Teilnehmer:innen relativ schnell Input geben können und die Fragenden ein gutes Meinungs- und Stimmungsbild bekommen.
#6: Feedback zu den Feedback-Guidelines
Wir haben intensiv über unsere interne Feedbackkultur gesprochen. Wer gibt wem Feedback – und welche Art von Feedback? Nach analoger Diskussion im Team hat eine Arbeitsgruppe ausführliche Feedback-Guidelines ausgearbeitet. Da es unsere Software erlaubt, auch ganze Texte abschnittsweise zu diskutieren, wurde der Entwurf für die Guidelines online gestellt und alle konnten Anregungen und Änderungswünsche einbringen. Nun haben wir Guidelines, die von allen getragen werden!
#7: gemeinsame Strategiefindung
Grundsätzlich eignen sich Themen, die sehr nah an der Arbeits- und Lebenswelt der Teilnehmenden sind, besser für die digitale Beteiligung als abstrakte Themen. Dennoch ist es möglich, mithilfe digitaler Tools auch komplexe Prozesse transparent darzustellen und für die Mitsprache zu öffnen.
Eine Strategiefindung ist ein solcher Prozess. Bei uns liegt die Verantwortung hierzu bei unserem Vereinsvorstand. Doch das Team wird stark in den Prozess einbezogen: Was sind aktuell wichtige Themen und Trends (Brainstorming)? Welche der Ziele findet ihr wichtig, welche weniger (Priorisierung)? Was ist eure Meinung zum Entwurf der Strategie (Text kommentieren)? In Verbindung mit analogen Meetings kommen wir hier zu den besten Ergebnissen.
#8: Interaktive Jubiläumsfeier
Im letzten Jahr haben wir unser 10-jähriges Jubiläum gefeiert. Und was gibt es Besseres für uns, als an einem solchen Tag neue Software vorstellen zu können? Das Beteiligungsmodul „interaktive Veranstaltung“ ist aus unserem Wunsch heraus entstanden, dass auch in analogen Diskursen alle die gleiche Chance haben, sich einzubringen.
Nun ist es auch während Veranstaltungen möglich, Fragen und Kommentare digital und für alle sichtbar einzubringen. Optional kann die Moderation bestimmte Merkmale der Teilnehmenden abfragen und eine Statistik gibt Klarheit: War der Diskurs fair? Auf unserer Jubiläumsfeier haben wir dieses Tool während einer Fishbowl-Diskussion eingesetzt und viele haben mitgemacht.
To wrap it up…
Die Nutzung von digitalen Tools kann dir und deiner Organisation dabei helfen, Entscheidungen gemeinsam vorzubereiten und auch zu treffen. Das fördert die Kreativität eures Teams und stärkt die Identifikation mit euren Projekten. Die digitale Teilhabe kann und sollte in vielen Fällen durch analoge Strukturen ergänzt werden. Besonders für sensible und abstrakte Themen solltet ihr euch lieber (auch) in Persona treffen.
Es gibt zahlreiche Tools, die – mit unterschiedlichen Schwerpunkten – gemeinschaftliches Arbeiten unterstützen. Alle oben genannten Beispiele haben wir über adhocracy+ durchgeführt. Wenn ihr es selbst ausprobieren wollt, schreibt uns an start@adhocracy.plus, dann schalten wir euch kostenlos auf adhocracy+ frei.
Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz veröffentlicht. by-nc-nd/3.0/
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