9. Mai 2017

Civic Tech und der gemeinsame Nenner

"Wir lösen keine sozialen Probleme, wir sind schließlich Techniker." 


Dieser – wenn auch etwas aus dem Zusammenhang gerissene – Satz war die wohl beste Pointe des Abends. Denn natürlich ist das Gegenteil der Fall. Vor allem, wenn die Behauptung in einem Raum voller Civic-Tech-Enthusiast*innen geäußert wird. Rund 70 von ihnen kamen gestern in unseren Räumen am Sudhaus zusammen, um sich zum ersten Liquid Pecha Kucha gegenseitig über aktuelle Projekte und Vorhaben auszutauschen.


Die einzige Vorgabe: Die eigene Idee mit 20 Folien und jeweils 20 Sekunden vorzustellen. Auch wenn dabei einige ins Schwitzen gerieten, wurde dem Publikum während acht rasanter, kenntnisreicher und lustiger Vorträge nicht langweilig. Dabei war das Themenspektrum denkbar breit gefächert:


  • Die neu gegründete Initiative Kleiner Fünf setzt sich im Bundestagswahljahr unter anderem mit "radikaler Höflichkeit" und Facebook-Bots gegen den zunehmenden Rechtspopulismus ein.
  • Die Kollegen von openPetititon feilen an der "Partizipation 2.0", in der politische Teilhabe so einfach sein soll wie Online-Shopping. 
  • Jana Gähler aus unserem meinBerlin-Team hat aus ihrer Erfahrung mit On- und Offline-Partizipation zehn Thesen über gute Bürgerbeteiligung formuliert.
  • Thomas Wagenknecht vom Forschungszentrum Informatik erforscht das Bereitschaft für Crowdsourcing in der öffentlichen Verwaltung und erkennt dabei einen IT-Kultur-Konflikt.
  • Alsino Skowronnek gestaltet mit SVIFT ein barrierefreies, niedrigschwelliges Datenjournalismus-Tool für Nicht-Experten.
  • Das Team von FixMyBerlin setzt sich für ein verbessertes Fahrradnetz in Berlin ein und fragt sich, wie sie dabei der Verwaltung die Arbeit erleichtern kann.
  • Die CCC-Initiative Chaos macht Schule möchte mehr digitale Mündigkeit für SchülerInnen und dass LehrerInnen Vorbilder in puncto Medienkompetenz werden.
  • Das Projekt Aula, umgesetzt von politik-digital, fördert demokratische Teilhabe in Schulen und setzt dabei auf unsere Liquid Democracy Technologie. 

So trafen gestern Perspektiven aus Forschung und Praxis aufeinander, Ideen über flüssige und direkte Demokratie, Informatikerinnen und Sozialwissenschaftler, Online- und Offline-Beteiligung. Es ist unnötig darauf hinweisen, dass es sich hier um scheinbare Gegensätze handelt. Vielmehr stellte sich heraus, dass die Schnittmenge groß sein kann, auch zwischen zuvor Unbekannten. Die Gemeinsamkeiten reichten von der Überzeugung von Open-Source-Technologie über die Nutzung von Chat-Bots bis hin zum Problem der "gelernten Hilflosigkeit" in der öffentlichen "Verwaltungsrealität", die sich als Flaschenhals für viele Beteiligungsinitiativen erweist. Und was dabei alle verbindet: Ein klares Bekenntnis zu demokratischen Werten wie Selbstbestimmung und Teilhabe. Ein aufgeklärter Umgang mit digitalen Technologien, großer Ideenreichtum und nicht zuletzt ein beachtliches Engagement für die gute Sache.


Entsprechend herrschte lautes gegenseitiges Interesse und ein für unser Büro ungeahnter Geräuschpegel... Wir danken allen Teilnehmer*innen und sind schon jetzt gespannt auf das nächste Mal!